Von Simon Nattler, ELISANA Apotheker aus Dorsten | Typische Lesezeit 5-10 Minuten
Wenn wir an den Sommer denken, freuen wir uns vor allem auf eins: die Sonne. Und das ist auch gut so! Sonnenschein hat viele positive Wirkungen auf unseren Körper und vor allem auf unseren Geist, der in den dunklen Wintermonaten schon mal etwas depressiver werden kann.
Aber Vorsicht: Die Sonne scheint nicht nur, sie brennt! Und zwar mit schädlichen UV-A- und UV-B Strahlen direkt in unsere Haut.
Bei Strahlen denkt man normalerweise an Röntgen oder an Radioaktivität, und ja genau: diese Strahlung ist (sehr) gefährlich. Aber niemand ist regelmäßig Röntgen- oder radioaktiver Strahlung ausgesetzt. Anders bei der Sonne: man kann sich ihr kaum entziehen, ganz im Gegenteil: im Solarium lässt man sich nochmal zusätzlich von einer „künstlichen Sonne“ bräunen.
Wenn ihr mehr über die beiden gefährlichen UV-A- und UV-B-Strahlen erfahren möchtet, findet ihr hier einige Antworten.
Jeder von euch hat sich daher bereits mit Sonnenschutz eingecremt, und beinahe jeder hat trotzdem schon mal einen Sonnenbrand bekommen. Wir klären hier die Top 10 Fehler, die immer wieder gemacht werden – und ja: wir wissen, wovon wir schreiben. Denn wenn ihr euch mal einen richtigen Sonnenbrand eingefangen habt kommt ihr wohin? Richtig: in die Apotheke
1. Ihr cremt zu dünn.
Dies ist mit Abstand wirklich der häufigste Fehler. Bei der Bestimmung des Lichtschutzfaktors (LSF) gehen die Hersteller nach einer einheitlichen Prüfungsvorschrift (COLIPA) vor. (Was der LSF genau aussagt könnt ihr hier nachlesen.) Dabei werden 2 mg der Creme pro Quadratzentimeter Haut verwendet.
Das entspricht bei einem durchschnittlichen Erwachsenen 40 ml Sonnencreme (ca. 4 Esslöffel) für den ganzen Körper.

Untersuchungen zeigen aber, dass der Durchschnitt nur die Hälfte oder sogar weniger verwendet. Darunter leidet natürlich auch der LSF, und ihr verkürzt die geschützte Zeit in der Sonne ebenfalls um die Hälfte!
Merkt euch: Wenn ihr euch mit herkömmlicher Sonnencreme einschmiert, sollte auf jeden Fall noch ein weißlicher Film auf der Haut liegen (zumindest auf den Sonnenterrassen). Gute Cremes ziehen schnell ein und sind dann (fast) nicht mehr zu sehen. Alternativ könnt ihr euch auch eine halbe Stunde später nochmal neu eincremen.
Mein Tipp: Für größere Hautbereiche und/oder behaarte Bereiche können anstatt Cremes auch praktische Sprays verwendet werden. Die sind sehr angenehm aufzutragen und man hat auch hinterher keine schmierigen Hände – ich bin ein großer Fan. Bitte beachtet hier aber genau die Angaben des Herstellers, wie gesprüht werden muss, damit ihr nicht zu wenig Spray auftragt.
Unsere Empfehlungen zu Sonnenschutz-Cremes und –Sprays findet ihr ganz unten im Artikel.
2. Ihr cremt zu spät.
Wer cremt sich schon gerne mit Sonnencreme ein? Es ist nervig, weil man ja eigentlich am liebsten direkt raus an die frische Luft will. Und es schmiert so eklig und gerade unter der Kleidung ist es häufig unangenehm klebrig. Man schiebt das eincremen also so lange wie möglich hinaus bis man losgeht. Dann ist es aber zu spät!
Frühzeitiges Cremen ist wichtig, da einige UV-Filtersubstanzen nicht sofort wirken. Bis dahin kann die Haut aber bereits stark belastet werden und ist ohne Schutz der Sonne ausgesetzt.
Ihr solltet euch daher eine halbe Stunde vor dem Losgehen schützen, oder wenn ihr es vergessen habt erstmal im Schatten bleiben.
Immer den richtigen Lichtschutzfaktor wählen! Mit den praktischen Apps habt ihr den LSF-Rechner immer dabei und berechnet tagesaktuell den optimalen Sonnenschutz:
3. Ihr cremt zu selten.
Einmal morgens aufgetragen, schützt die Sonnencreme nicht für den ganzen Tag. Laut Empfehlungen sollte etwa alle 2-3 Stunden nachgecremt werden. Vor allem durch Schwitzen bei Anstrengungen oder Hitze und natürlich durch Baden verringert sich der Sonnenschutz massiv.
Die Sonnenschutzzeit könnt ihr durch das wiederholte Eincremen übrigens nicht verlängern. Ihr erhaltet nur den angegebenen Sonnenschutz! Das ist wichtig zu wissen.
Gute Sonnencremes sind heute natürlich wasserfest. Das heißt aber nicht, dass die Wirkung durch Wasser nicht stark verringert wird. Damit ein Hersteller eine Sonnencreme als wasserfest verkaufen darf, muss der Lichtschutzfaktor vom Produkt nach 2 mal 20 Minuten Wasserkontakt noch mindestens halb so hoch sein wie vor dem Wasserkontakt.

Um als extra wasserfest zu gelten, muss der Lichtschutzfaktor nach 4 mal 20 Minuten noch halb so hoch sein wie vor dem Wasserkontakt*.
Dazu kommt, dass die Creme nach dem Baden durchs Abtrocknen noch weiter stark beeinflusst wird. Ich habe hier keine Studien gefunden, da Abtrocknen auch nur schwer zu normen ist. Ich kann mir aber vorstellen, dass der Lichtschutzfaktor durch das Rubbeln mit dem Handtuch schon ziemlich arg leidet.
4. Ihr verwendet alte Creme – oder lasst sie in der Sonne liegen
Die Sonnencreme liegt noch vom letzten Sommerurlaub im Koffer? Dann prüft bitte kritisch, ob das Verwendbarkeitsdatum nicht überschritten ist. Auf vielen Cremes ist kein Enddatum aufgedruckt, sondern nur das bekannte Dosensymbol mit einer Zahl (z. B. 12 M). Die Zahl entspricht der Anzahl der Monate, die es nach öffnen haltbar ist.
Unser Tipp: Schreibt nicht das Öffnungsdatum auf die Packung, sondern rechnet euch bei erstmaligem Gebrauch direkt das Enddatum aus und schreibt es auf die Flasche.
Wir wissen auch, dass die Cremes schon gerne mal etwas länger als eigentlich vorgesehen verwendet werden, aber bitte übertreibt es nicht. Denkt dran: wenn die Creme sich mit der Zeit durch Schmutzpartikel oder den Kontakt mit der Luft zersetzt hat, werdet ihr es spätestens merken wenn die Haut abends rot ist und brennt.
Das Gleiche gilt übrigens für zu viel Hitze: Legt die Sonnencremes z. B. am Strand auf jeden Fall in den Schatten unter das Handtuch oder sogar eine isolierte Box. Temperaturen über 25 Grad (in der Sonne geht es deutlich höher!) schaden der Haltbarkeit.
5. Ihr vergesst Hautstellen.
Kennt ihr das, wenn man denkt man hat sich gut eingeschmiert – und abends brennt es plötzlich höllisch an den Ohren? Gerade die sogenannten Sonnenterrassen bieten der Strahlung besonders viel Angriffsfläche und verbrennen daher auch leicht.
Und gerade diese Stellen werden auch noch häufig beim Eincremen vernachlässigt: Ohren, Füße, Knie und Nacken. Auch der Kopf ist besonders starker Sonnenstrahlung ausgesetzt, wenn ihr dünne oder nur noch wenige Haare haben solltet (mein absoluter Favorit für behaarte Bereiche: der FOTOPROTECTOR ISDIN Fusion Air Spray). Hier hilft natürlich auch ein Hut, den ihr dann aber auch wirklich immer tragen solltet.
Auch die Lippen sind der Sonne stark ausgesetzt – hier sind vor allem die Männer gefragt, da in vielen Lippenstiften für Frauen bereits ein LSF enthalten ist.
Es gibt übrigens eine Stelle, die ihr nicht einschmieren könnt: die Augen. Hier gibt es zwar keinen Sonnenbrand, aber trotzdem leiden auch die Augen unter zu viel Sonne. Daher holt euch bitte eine gute Sonnenbrille mit Sonnenschutzfilter (achtet
vor allem auf die CE-Kennzeichnung).
Gibt es das – Sonnenbrand an den Fußsohlen?
Theoretisch ja, klar. Da die Haut an den Fußsohlen (und auch an den Handinnenflächen) aber meistens stärkere Hornhautschichten aufweist, ist es eher unwahrscheinlich. Die dicke Hornschicht absorbiert die UV-Strahlen ziemlich zuverlässig. Aufpassen solltet ihr aber, wenn ihr auch die Hornschicht z. B. aus kosmetischen Gründen entfernt! Dann entfällt auch der besondere Schutz und es kann auch an den Fußsohlen Sonnenbrand geben.
6. Ihr verlasst euch auf eure Kleidung.

Ihr braucht euch die Schultern nicht einzucremen, denn ihr habt ja die meiste Zeit ein T-Shirt an? Falsch. Ein weißes Standard-Baumwoll-Shirt hat nur etwa LSF 5. Es schützt also auch nur begrenzt. Der LSF von Kleidung variiert aber natürlich je nach Dicke, Dichte und Stoffart.
Wenn man sich lange in der Sonne aufhält, sollte man also zumindest die Schultern auch unter der Kleidung eincremen. Wer darauf verzichten möchte, kann auch Kleidung mit speziellem UV-Schutz kaufen. Diese ist mit einem Logo versehen mit Angabe des enthaltenen LSF (z. B. 40).
Wenn ihr kurze Hosen oder Röcke tragt, achtet bitte auch darauf, wie sich beim Laufen oder Sitzen der Sitz der Kleidung verändert. Häufig rutschen Kleider beim Sitzen über die Knie. Daher sollten diese auch auf jeden Fall gründlich eingecremt werden.
7. Ihr verlasst euch auf die Wolken – und den Schatten.
Der erste Blick morgens geht aus dem Fenster: Mhm, Wolken. Dann braucht man sich ja nicht einzucremen? Falsch! Wolken können bis zu 80% der Sonnenstrahlen durchlassen. Ein Tag am Strand oder eine längere Wanderung kann daher auch bei Bewölkung zu Sonnenbrand führen!
Und da es bei Bewölkung auch nicht so schnell zu heiß wird, vergisst man häufig, wie lange man schon ungeschützt herumläuft.
Ähnlich ist es im Schatten: hier ist die Strahlenbelastung immerhin noch halb so stark auf der Haut.

8. Ihr vernachlässigt Booster-Faktoren: Wasser, Sand, Schnee – und die Höhe!
Einige Untergründe können die Wirkung von Sonnenlicht noch weiter verstärken, ja sind sogar regelrechte Booster.
Schnee zum Beispiel reflektiert bis zu 80% UV-Strahlung, heller Sand am Strand noch immerhin 50%. Besonders starke Auswirkungen hat auch die Wasseroberfläche. Hier ist es besonders tückisch, da die Sonnenstrahlung durch das Wasser enorm verstärkt wird (um 90%!), der LSF der Sonnencreme aber gleichzeitig reduziert wird. Und durch das kühle Nass merkt man häufig auch gar nicht, wie lange man schon ungehemmt in der Sonne brutzelt.
Durch zu langes, unbesorgtes Baden im Schwimmbad oder Meer entstehen meiner Erfahrung nach die meisten Sonnenbrände, vor allem im Gesicht und auf den Schultern.
Übrigens: Auch unter Wasser ist man nicht sicher. Noch einen halben Meter unter der Oberfläche beträgt die Intensität der Strahlung noch immer 40%.
Aber gehen wir mal weg von der Meeresoberfläche. Auch mit der Höhe steigt die UV-Belastung. Etwa alle 300 Höhenmeter verstärkt sie sich um immerhin 4%. Wandert man also auf 2000 Meter ist die Strahlung schon um mehr als ein Viertel stärker. Hier sollte man daher gute UV-Schutzkleidung tragen, um sich das eincremen auf den Schultern (unangenehm beim Rucksacktragen!) und am Bauch und Rücken zu ersparen. Auch Hosen mit langen Beinen sind sicher sinnvoll, genau wie ein Hut oder eine Kappe. Das Gesicht und die Unterarme sollten aber in jedem Fall sorgfältig eingeschmiert werden.
9. Ihr cremt nur im Urlaub
Die meisten Menschen verbinden Sonnencreme vor allem mit dem Sommerurlaub. Das ist sicher richtig, denn vor allem im Urlaub hält man sich lange in der freien Natur auf.
Denkt aber auch hier in Deutschland mal an Gartenarbeit, Fahrradtouren oder sonnige Nachmittage im Biergarten. Gerade, wenn man in der Woche viel im Büro arbeitet, ist die Haut nicht an die Sonne gewöhnt. Ein Sonntagnachmittag auf dem Balkon kann hier dann schon reichen, um die nächste Woche mit einem Sonnenbrand zu starten. Nicht gerade motivierend am Montagmorgen!

10. Ihr nehmt Medikamente, die die Haut empfindlicher machen.
Das musste ja noch kommen, denn schließlich schreibt hier ja ein Apotheker. Die sogenannte Photosensibilisierung ist aber ein häufiger Grund für Sonnenbrand und für Sonnenallergien, denn viele Medikamente können die Haut sensibler gegenüber der Sonne machen.
Wenn man auf das Medikament nicht verzichten kann, muss also in jedem Fall auf einen guten Lichtschutz (Schatten und Kleidung! Sonnencreme hilft nur bedingt!) geachtet werden. Wir haben euch hier mal einige Medikamente aufgelistet, die häufig eingenommen werden und diese Photosensibilisierung verursachen.
a. Entwässerungsmittel
Hydrochlorothiazid (kurz: HCT) ist wohl die häufigste Ursache für photosensible Reaktionen. Es steigert die Empfindlichkeit der Haut deutlich und wird extrem häufig verschrieben, ist also weit verbreitet. Guckt also mal, ob ihr (oder eure Eltern, Großeltern) ein Medikament mit diesem Wirkstoff einnehmt. Es wird vor allem zur unterstützenden Behandlung bei Blutdruck eingesetzt.
b. Schmerz- und entzündungshemmende Mittel
Naproxen und Ketoprofen sind hier besonders hervorzuheben. Naproxen ist in Deutschland nicht so weit verbreitet wie z. B. in den USA, ist aber nahe verwandt mit dem bekannten Ibuprofen. Naproxen hat aber eine lange Wirkdauer und wird z. B. bei Regelschmerzen (Dolormin für Frauen) eingesetzt.Ibuprofen ist im Vergleich deutlich schwächer photosensibilisierend.
c. Antibiotika
Wenn man krank ist und Antibiotika nehmen muss, hat man an ausgedehnten Sonnenbädern wahrscheinlich eh keine richtige Lust. Das ist auch gut so, denn sehr viele dieser Medikamente machen die Haut empfindlicher für Sonnenstrahlung. Dazu zählen z. B. Ciprofloxacin oder Cotrim(oxazol).Manche antibiotische Stoffe werden aber auch länger eingesetzt bei Hautproblemen, z. B. Doxycyclin oder Minocyclin. Die Dosierung ist hier zwar geringer, aber durch die tägliche Einnahme kann es auch hier zu Problemen in der Sonne kommen.
d. Weitere Substanzen
Auch Antidepressiva (Amitriptylin, Trimipramin), Mittel gegen Bluthochdruck (Captopril, Enalpril, Ramipril), Hormone (Kortison, Estrogene), Mittel bei Herzrhythmusstörungen (vor allem Amiodaron!) oder Isotretinoin (z. B. in Aknenormin®) bei Hautproblemen machen die Haut empfindlicher für Sonnenstrahlen, genau wie Präparate mit Johanniskraut.Kosmetika mit Retinol oder Fruchtsäuren sollten im Sommer mit Vorsicht angewendet werden.
Jetzt wo wir alle bestens vorbereitet sind fehlt nur noch die Sonne (und idealerweise auch Urlaub). Wir empfehlen euch die Sonnencremes von Ladival (guter Standard), die Sonnensprays von ISDIN und für Urlaube mit starker Sonne oder bei viel Wasserkontakt die Premiumcremes von Daylong.
Quellen
Unser eigenes Fachwissen
Dachverband der europäischen Kosmetikindustrie www.cosmeticseurope.eu
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit www.bvl.bund.de
Deutsche Krebshilfe www.krebshilfe.de
Fachzeitschrift für Pharmazeuten http://www.pharmazeutische-zeitung.de/
*Prüfung nach „Guidelines für evaluating sun product water resistance“ der COLIPA (European Cosmetic, Toiletry and Perfumery Association“, Dezember 2005